Charlottenburg, um 1900 die reichste Stadt Preußens, zeichnete sich im Zuge der Metropolenbildung des 19. Jahrhunderts durch ein besonderes Selbstbewusstsein und Konkurrenzverhältnis zu Berlin aus. Die im Westen an Berlin angrenzende Stadt war zu jener Zeit wohlhabend und liberal, zugleich ein gewichtiger Industriestandort. Wilmersdorf wurde zum bevorzugten gehobenen Wohnort im Grünen mit Freizeitwert. Mit dem Aufstieg Berlins zur Hauptstadt des Deutschen Reiches 1871 nahm Charlottenburg darüber hinaus nationale Funktionen ein, als Wissenschafts- und Hochschulstandort, als Messeplatz und als Zentrum des Sports.
Auch innerhalb des seit 1920 bestehenden Groß-Berlins behielt die westliche City ihre Sonderrolle: Während sich andernorts ganze Bezirke monofunktional entwickelten, etwa als Arbeiter- und Industrieviertel (wie Oberschöneweide oder Prenzlauer Berg), bestand hier weiterhin eine Stadt im umfassenden Sinne mit einem eigenen geschäftlichen und kulturellen Zentrum, zu dem sogar ein Opernhaus gehörte. Letztlich ist selbst noch die Rolle des Kurfürstendamms als offizielles Schaufenster West-Berlins im Kalten Krieg auf das schon lange eingeprobte Sonderbewusstsein dieses Bezirks zurückzuführen. 20 Jahre nach dem Mauerfall ist die City West wieder Gegenstand stadtplanerischer Diskussionen. Wie es zu dieser im Berliner Gefüge einzigartigen Identität als zweites Stadtzentrum neben der »Historischen« Berliner Mitte kam, wird zentraler Gegenstand der neuen Dauerpräsentation sein. (Dr. Sven Kuhrau / Birgit Jochens)