Zensur und Willkür.

Das Werk Heinrich Zilles im Nationalsozialismus


16. März 2013 bis 13. Oktober 2013

 

So bekannt die Bilder des beliebten Berliner Zeichners Heinrich Zille (1858-1929) sind, so unbekannt ist das Kapitel seiner Wirkungsgeschichte im 'Dritten Reich'. In den ersten Jahren als "sozialistischer Volksschädling" diffamiert, wurde Zille ab 1936/37 zu einem völkischen Künstler des Nationalsozialismus verfälscht und instrumentalisiert.

Zensur und Willkür stehen, was das Zille-Werk betrifft, im Nationalsozialismus nah beieinander. Zahlreiche Widersprüche lassen den Rückschluss zu, dass das Vorgehen gegen Zilles Werk vom Propagandaministerium und der Reichskulturkammer weder einhaltlich geplant noch durchgeführt wurde.

Anders als zu vermuten wäre, wurden weder Bücher Heinrich Zilles 1933 bei der Bücherverbrennung vernichtet noch seine Arbeiten auf den Femeausstellungen gezeigt. Einige Bücher wurden verboten, andere zensiert und - ebenfalls überraschend - 'nur' eine Zeichnung wurde nachweislich aus einem Museum beschlagnahmt. In den ersten Jahren wurde Zille in einem Atemzug mit Käthe Kollwitz diffamiert - nach 1936 fand jedoch eine Umdeutung seines Werkes statt, die belegt, wie beliebig und gleichzeitig subtil mit einem künstlerischen Werk umgegangen wurde.

Heinrich Zille, Berlin - Ackerstraße, 1905, Heliogravüre nach einer Zeichnung © Museum Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin
August Kraus (1868 - 1934): Heinrich Zille, 1930, Bronzerelief © Museum Charlottenburg - Wilmersdorf, Berlin

Die Sonderausstellung zeigt, welche Werke Heinrich Zilles zensiert, beschlagnahmt oder verboten wurden und beleuchtet die Struktur der nahezu gleichzeitigen propagandakonformen Umdeutung und Vereinnahmung. Sie beruht auf den Forschungsergebnissen von Pay Matthis Karstens, der anhand von neuem Archivmaterial die Wirkungsgeschichte Zilles im Nationalsozialismus aufzeigt.

Erstmals seit 45 Jahren werden in dieser Ausstellung aus der Sammlung Axel Springer zwei der Glasfenster von Heinrich Zille gezeigt, die sich ursprünglich in der Zille-Klause befanden. Sie waren zuletzt 1968 im Berlin-Museum, Mitte (heute Jüdisches Museum) ausgestellt/ der Öffentlichkeit zugänglich.

Ergänzt wird die Ausstellung durch Werke Heinrich Zilles aus dem Bestand des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf.

Die Ausstellung wird von Dr. Sabine Meister zusammen mit Pay Matthis Karstens kuratiert.
Die Ausstellung fand statt im Rahmen von: Themenjahr 2013 - "Zerstörte Vielfalt" 

Publikation

Pay Matthis Karstens "Verboten und verfälscht. Heinrich Zille im Nationalsozialismus"
Vergangenheitsverlag, Berlin 2013, 156 Seiten, EUR 16,90

Vita Pay Matthis Karstens